Chronik

Jahr 1820

Über die Anfänge des Narrentreibens in der Binkerstadt Boll liegen keine schriftlichen Unterlagen vor. Aus Überlieferungen geht jedoch hervor, dass auch schon vor 1935 Fasnacht gefeiert wurde. Wir wissen, dass dieser Brauch seit Jahrhunderten auch in unserem Dorf einen tiefverwurzelten Ursprung hat. Früher diente er zur Vertreibung von Götzen und Dämonen, heute ist er zu einem festen kulturellen Bestandteil in unserem Dorf geworden und nicht mehr wegzudenken.  

Etwa um das Jahr 1820 ist der Name „Binker“ entstanden.

Die napoleonischen Kriege brachten ein großes Maß an Armut, Zerstörung und Not auch über Boll herein. Die mangelnde Ernährungslage führte dazu, dass in Boll große Mengen von Bienenhonig produziert wurden. So gab es zu jener Zeit viele Bienenvölker im Dorf.

Zu dieser Zeit hatte der Boller Pfarrer auch die Nachbargemeinde Mainwangen zu betreuen. Um sich im Winter auf seinem Pferdefuhrwerk vor der grimmigen Kälte zu schützen, steckte er seine Füße in aus Stroh geflochtene Bienenkörbe. Diese Bienenkörbe nannte man dann „Binker“. Ein zusammengesetztes Wort aus Biene und Imker.

Die Mainwanger Bürger, die den Pfarrer schon von weitem erkannten, nannten diesen dann scherzhaft den „Boller Binker“. Dieser Name wurde in der Folgzeit dann auf alle Boller übertragen und wird noch heute noch zur Fasnachtszeit mit Würde getragen.

Jahr 1935

Erstmals im Jahre 1935 wurde in einem Protokoll der Elferrat erwähnt. Doch muss dieser bereits früher bestanden haben. Aus diesem Protokoll geht auch hervor, dass ein Bürgerball mit „Großem Maskenball“ im Gasthaus „Zum Kreuz“ durchgeführt wurde. Dieser Ball stand unter dem Motto: „Boll in Wort und Bild“ und wurde vom „Elferrat Binker“ organisiert und aufgeführt.

In der Zeit des Nationalsozialismus und den damit verbundenen Kriegswirren wurde es eine Weile still um die Boller Fasnacht.

Jahr 1950

Erst um 1950 besannen sich die Boller wieder auf ihre alte Tradition und hoben den Narrenverein neu aus der Taufe. Bei der Narrenversammlung am 26.Januar 1950 wurde dann der Narrenverein Binker gegründet. Als erster Vorsitzender der Binkerzunft Boll e.V. fungierte Otto Reiter.  Ihm folgten Johann Schaz, Manfred Wetter, Lothar Dunz, Johann Boos und Holger Mülherr.

Seit 1961 ist die Binkerzunft Boll e.V. Mitglied in der Narrenvereinigung
Hegau-Bodensee. 1962 wurde die bis heute von den Hästrägern
getragene Bienenmaske eingeführt.

Jahr 1964

Im Jahre 1964 wurde die Bienenschar zum ersten Mal von einer Bienenkönigin angeführt: Rosemarie Mauch. Die Bienenkönigin wird seit 1980 alljährlich von der Narrenversammlung gewählt.

Auch wurde 1964 die Binkergarde ins Leben gerufen.

Vom 25. bis 27. Januar 1964 fand in Boll das große Freundschaftstreffen der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee statt. 5.000 Zuschauer und über 1.000 Maskenträger aus 23 Zünften waren beim großen Umzug am Sonntag zu Gast. Bei der Ziegelei Wetter wurde ein 1.200 Mann fassendes Zelt erstellt, das durch die Ziegelei beheizt wurde. Am Sonntagnachmittag konnte das Zelt lediglich 20 Prozent der Besucher Platz gewähren.

Am 27. Oktober 1964 hielt die Hegau-Bodensee-Narrenvereinigung ihre Hauptversammlung im Gasthaus „Zum Schwanen“ in Boll ab. Über 200 Zunftmeister und Delegierte aus 45 Narrenvereinen waren zu Gast.

Nach diesem Höhepunkt wurde es wieder etwas ruhiger in Boll, das Vereinsleben nahm jedoch weiter Aufschwung.

Jahr 1968

1968 wurde der freundschaftlich nachbarliche Narrenring mit den Narrenvereinen aus Worndorf, Mainwangen, Boll, Schwackenreute und Krumbach gegründet. Diese fünf Vereine brachten eine eigene Narrenzeitung heraus. Diese Vereinigung besteht nicht mehr. Die Narrenzeitung wird heute von Boll in eigener Regie gestaltet.

Jahr 1971

Im Jahre 1971 gründete die freiwillige Feuerwehr unter Kommandant Albert Schad den Fanfarenzug. Nach einiger Anlaufzeit von etwa 2 Jahren nahm diese engagierte Truppe aktiv am Fasnachtstreiben teil, was eine enorme Bereicherung darstellt.

Ebenso fand 1971 in Boll wiederum ein Narrentreffen statt. Es handelte sich diesmal um ein Treffen des „freundschaftlich nachbarlichen Ringes“.

Jahr 1975

Das 40jährige Bestehen des Vereins konnte 1975 gefeiert werden. Diesmal allerdings nicht während der Fasnachtszeit, sondern vom 11. bis 13. August mit einem Volksfest. Dieses Fest wurde dann für mehrere Jahre zu einer festen Einrichtung.

1977 stellte der Elferrat seine neue Uniform vor, und zwei Jahre später wurde die Prinzengarde neu eingekleidet und im Gesamtbilde den Elferratskostümen angepasst.

Zum 45jährigen Bestehen wurde vom 16. bis 18. Februar 1979 ein
kleines Freundschaftstreffen der Hegau-Bodensee-Narrenvereinigung
durchgeführt. Beginn war am Freitagabend mit einer Tanzveranstaltung.

Am Samstagabend führte ein Sternmarsch durch die hellerleuchtete Binkerstadt in Richtung Festhalle. Die teilnehmenden Zünfte führten verschiedene Darbietungen auf. Am Sonntagnachmittag bewegte sich ein großer Umzug (etwa 1200 Narren) durch die Binkerstadt. Circa 3.000 Zuschauer säumten den Weg.

Jahr 1981

1981 wurde am Fasnet-Samstig zum ersten Mal der „Binkermarkt“ abgehalten, der bis heute zu einer festen Einrichtung wurde. Ebenfalls 1981 erhielt der Fanfarenzug die neue Uniform.

Am 14. Dezember 1981 wurde die Narrenzunft durch den plötzlichen Tod ihren langjährigen Präsidenten Johann Schaz tief erschüttert. Der Urnarr war seit dem Jahr 1956 Präsident der Binkerzunft. Während der 25 Jahre seines Wirkens konnte der Verein große Ereignisse verbuchen: die bereits erwähnten Narrentreffen und sechs Volksfeste. Ferner sorgte er dafür, dass die Zunft sich immer in schönen sauberen Uniformen präsentieren konnte. Dafür sei ihm heute noch gedankt.

Als neuer Präsident wurde am 5.April 1982 Manfred Wetter in sein Amt eingeführt.

Jahr 1986

50 Jahre Binkerzunft Boll war im Jahr 1986 beim Bienenvolk Grund genug für eine große Geburtstagsfeier, die vier Tage dauern sollte und auch ein großer Erfolg wurde. Die Zimmergilde Hopetenzell war am Samstag für das Erstellen des Narrenbaumes zuständig. Am Samstagabend wurde dann so richtig gefeiert. Nachdem die Gründungsmitglieder geehrt wurden, erfreuten sechs Gastzünfte das närrische Volk. Der Fanfarenzug, die Binkergarde sowie das Bienenvolk waren ebenfalls mit Darbietungen erfolgreich. Die Kuhsattler Hohenfels wurden feierlich in die Hegau-Bodenseevereinigung aufgenommen. Pate dabei war die Durbenstecherzunft Sauldorf.

Am Samstagmorgen nach der Narrenmesse wurden die Zunftmeister, Präsidenten und Musikdirigenten feierlich begrüßt. Mittags erschienen dann die Narren aus nah und fern, um am großen Umzug teilzunehmen.

Am Montag war nachmittags für die Kinder ein großes Fest, das mit dem
anschließenden Feierabendhock endete.

Die nächsten Jahre verliefen dann etwas ruhiger und im gewohnten Maß. Zu bemerken wäre noch die 700-Jahr-Feier unserer Gemeinde, bei der die Binkerzunft kräftig mithelfen musste. Ein weiterer Höhepunkt der letzten 10 Jahre war die feierliche Aufnahme der Bachrosen aus Bietingen in die Vereinigung, bei der wir Pate sein durften.

Für die Geselligkeit und das gute „Betriebsklima“ in unserem Verein
wurden mehrere zweitägige Ausflugsfahrten unternommen, die diesem angestrebten Ziel auch entgegengekommen sind.

Ein leidiges Thema zieht sich immer wieder wie ein roter Faden durch sämtliche Sitzungen des ansonsten rührigen Vereins. Es konnte bis heute keine passende Zunftstube gefunden werden.

Seit dem 11.11.1990 trifft sich der Elferrat schon vor der Sitzung zu einem Sauschwänzleessen.

Jahr 1996

Im Jahre 1996 fand das nächste fröhliche Narrentreiben in Boll statt, denn die Binkerzunft hatte zu einem Freundschaftstreffen geladen, das zum ersten Mal in der Reithalle von Karl Schmid gefeiert wurde.

Bürgermeister Thomas Kugler schätzte die Zahl der Zuschauer auf 2.874 – wobei es auch einige mehr sein können, so Kugler. Narrenpräsident Manfred Wetter nahm auf der Ehrentribüne die Parade der vielen bunten Hästrägern mit ihren närrischen Späßen ab. Hexen wurden auf dem Besen in schwindelnde Höhen gelupft und immer wieder flogen Konfetti und Süßigkeiten in die Menge. Die Zahl der teilnehmenden Maskenträger wurde auf etwa 2.500 geschätzt.

In den Folgejahren entwickelte sich die Zunft stetig weiter. Bereits Ender der 1990er Jahre wurde über die Einführung einer weiteren Figur – der Zeidlerin – beraten. In Anlehnung an das im Mittelalter gebräuchliche gewerbsmäßige Sammeln von Honig wilder oder halbwilder Bienenvölker (Zeidlerei) griff die Zunft diese Figur auf und gestaltete ein neues Häs. Vorerst sollten nur Frauen in den Genuss kommen, dieses Häs zu tragen. Eingeführt wurde die Zeidlerin schließlich im Jahre 2003.

Jahr 2008

Im Jahr 2008 lud die Binkerzunft Boll zu ihrem 70-jährigen Jubiläum ein. Das damalige Jubiläumstreffen begann am Freitag, dem 25. Januar um 19:01 Uhr mit einem Nachtumzug durch die Binkerstadt bis hin zu der zur Festhalle umfunktionierten Reithalle und den umliegenden Besenwirtschaften. Am Samstag, dem 26. Januar wurde um 14:11 Uhr der Narrenbaum durch die Zoznegger Zimmergilde gestellt. Ab 20:00 Uhr ein Brauchtumsabend mit vielen interessanten und abwechslungsreichen Vorführungen und Gardetänzen statt. Dazu lud der „Kehlbach-Express“ zum Tanze.

Am Sonntag, dem 27. Januar hatte die Binkerzunft für 09:30 Uhr eine Narrenmesse in der St. Silvester Kirche in Boll angesetzt. Im Anschluss daran fand ein Zunftmeister- und Dirigentenempfang im Gasthaus Schwanen statt. Parallel dazu fand in der Festhalle ab 11:00 Uhr ein närrischer Frühschoppen statt. Musikalisch umrahmt wurde dieser durch DJ Tropicana. Absoluter Höhepunkt der Jubiläumsfeier war der Narrensprung, der pünktlich um 13:30 Uhr begann.

Über 2.500 aktive Teilnehmer und eine unbekannte Zahl von Zuschauern beherrschten die Binkerstadt Boll. Närrisches Treiben war danach in Festhalle und Besenwirtschaften angesagt. Wer es lieber ruhiger mochte, war in der Kaffeestube der Frauengemeinschaft bestens aufgehoben.

Der Elferrat setzte sich im Jubiläumsjahr 2008 aus den folgenden
Mitgliedern zusammen: Lothar Dunz (Präsident), Holger Mülherr (Vize), Hubert Strigel (Säckelmeister), Mathias Löffler (Zunftschreiber), Gerold Sprenger, Bernd Schwarz, Renate Boos, Annette Rohnstock, Johann Boos, Klaus Wetter, Walter Beck und Rolf Rebholz.

Seit 2008

Auch in den Jahren seit 2008 entwickelte sich die Zunft weiter – insbesondere das von der Zunft alljährlich ausgerichtete Dorfplatzfest – im Jargon DoPlaFe genannt – erfreut sich mittlerweile einer überregionalen Beliebtheit. In 2010 beschloss die Zunft, die seit der Vereinsgründung bestehende Vereinssatzung durch eine überarbeitete Fassung zu ersetzen. Insbesondere ist seither die Ernennung zum Ehrenelferrat möglich. Im Jahr 2014 führte die Binkerzunft dann – ebenfalls in Anlehnung an den mittelalterlichen Honigsammler – die männliche Zeidlerfigur ein. In 2016 richtete die Zunft im Bürgersaal in Sauldorf den Gesamtkonvent der Narrenvereinigung Hegau-Bondesee aus und ersetzte die bisher parallel kursierenden Vereinswappen durch ein neues, einheitliches Vereinswappen.